Arbeitszeiterfassung – mit voller Ideologiekraft zurück in die Steinzeit des Kapitalismus?

Was ist für Sie Arbeitszeit? Wie werten Sie den Blick aus dem Fenster, kurze Kaffeepausen, den Gang auf die Toilette, den Blick auf das Smartphone, weil Sie auf eine wichtige private Nachricht warten? Wie wichtig ist es Ihnen, Ihre Zeit, Arbeits-, Frei-, Lebenszeit eigenverantwortlich und selbstbestimmt zu planen (oder eben nicht zu planen)? Wie hoch setzen Sie den Stellenwert von Freiheit für ein reiches, gesundes, sinnvolles Zusammenleben an?

In meinem letzten Blog „Befähigen statt Belasten – Unternehmer in Sorge“ habe ich Ihnen aus Sorge um aktuelle Entwicklungen einen recht weiten, eher allgemeinen Bogen aufgespannt. Nun möchte ich gerne an einem persönlichen Beispiel, einem Beispiel, das mich als Unternehmer persönlich besonders aufregt, meine Standortbestimmung fortsetzen: einen Standpunkt jenseits von Ideologie und Misstrauen.

Wenn Ideologie das Vertrauen aushebelt 

Mein Unternehmen allsafe steht für ein Wirtschaften, das Ökonomie und Ökologie verbindet. Unser Ansatz von gelebter Kreislaufwirtschaft ist eingebettet in ein Fundament von vier Werten, denen wir uns bei allsafe in unserer täglichen Arbeit verpflichtet fühlen: Eigenverantwortung, Fairness, Innovation und Kundenorientierung.

Diese Werte sind Ausdruck einer Haltung, für die Freiheit und Vertrauen basal sind. Erst in einer Welt, in der Freiheit und Vertrauen wirksam sind – das kann auch eine unternehmerische Welt sein –, werden die Werte Eigenverantwortung, Fairness, Innovation und Kundenorientierung in ihrer ganzen Bedeutung ausgeschöpft.

Und deswegen wurmt es mich ungemein und macht mich – gemessen an meinen sonstigen Gefühlsausbrüchen – rasend, dass bei uns das Vertrauen und die Freiheit von einer Politik ausgehebelt wird, die sich in Ideologie verrannt hat.

Ideologie versus Vertrauensarbeitszeit 

Seit über 20 Jahren praktizieren wir bei allsafe Vertrauensarbeitszeit im gesamten Unternehmen, selbst in der Produktion. Die Mitarbeiter bei allsafe schätzen diese Freiheit und das Vertrauen, dass dadurch Teil des Arbeitslebens ist.

Das Gesetz zur Arbeitszeiterfassung verwehrt uns diese Praxis. Vertrauensarbeitszeit ist dann nicht mehr möglich. Eine Unternehmenskultur, die wir bei allsafe seit über 20 Jahren aufgebaut haben, wird kaputt gemacht. Mutwillig möchte ich meinen. Das Vertrauen wird ausgehebelt und das gefällt weder mir, dem unsere Unternehmenskultur und unsere Werte am Herzen liegen, noch meinen Mitarbeitenden. Die fühlen sich durch die Verpflichtung zur Zeiterfassung gegängelt, kontrolliert und an ein längst vergangenes Zeitalter mit staubigen Stempelkarten erinnert. Und der Unmut, den sie äußern, ist in seiner kräftigen Wortwahl nicht zitierbar.

Auch mich erinnert diese Gesetzesinitiative an alte Zeiten: Und zwar an die Steinzeit des Kapitalismus, als das Bild des bösen Unternehmers geboren wurde, der die Arbeiter ausbeutet, bis aufs Mark aussaugt. Vor dem und dessen Machtposition die Mitarbeitenden beschützt werden müssen. Fragen Sie mal Unternehmer, was sie in Zeiten des Fachkräftemangels und des Mitarbeitermangels über ihre Machtposition denken.

Nur leider ist dieses Bild des bösen Kapitalisten noch erschreckend frisch in den Köpfen von Politikern, die zum Beispiel das Gesetz zur Zeiterfassung befürworten. Und aus meiner Warte heraus, entsteht das Bild aus reiner Ideologie. Es entspricht nicht der Realität. Und so ist das Gesetz auch keine Lösung für ein reales Problem. Es existiert nur, weil Ideologie und Misstrauen das Sagen haben. Es geht mit voller ideologischer Kraft zurück in die Steinzeit des Kapitalismus.

Das Gesetz existiert, weil Freiheit und Vertrauen weniger wertgeschätzt werden, weil eine Haltung vorherrscht, die glaubt, mit Gängelung und mit Geboten und Verboten kommen wir irgendwie voran. Und mein Eindruck aus Gesprächen ist, dass diese Gängelung bei dem einen oder anderen Unternehmer der berühmte Tropfen auf den heißen Stein sein könnte. Nach dem Motto: „Wenn schon alle sagen, ich sei der böse Kapitalist – dann mache ich das halt auch so. Dann spiele ich eben nach den Regeln, die mir vorgeben werden.“

Die gesellschaftliche Gefahr einer solchen Haltung, die auf eine Entmündigung der Menschen hinausläuft, die Politik auf eine Weise betreibt, dass die Menschen nicht den Sinn in politischen Entscheidungsprozessen erkennen, eine Politik, in der Ideologien das Sagen haben – diese gefährlichen Schatten, die uns drohen, habe ich in meinen letzten Blog in ihren Grundzügen erfasst.

Mit diesem Beitrag, dem Blick hinein ins Unternehmen, möchte ich Ihnen demonstrieren, wie nah uns diese Schatten schon gekommen sind.
Wie wichtig ist es Ihnen die Freiheit, Ihre Zeit, Arbeits-, Frei-, Lebenszeit zu gestalten?  

Ich merke an meiner Reaktion, dass mir dies enorm wichtig ist – denn eine solche Freiheit und das damit einhergehende Vertrauen gehören zum Kern meines Unternehmertums, zur DNA meines Unternehmens (genauso wie die Gewinnbeteiligung aller Mitarbeiter und ein Miteinander auf Augenhöhe). Ich merke, ich will nicht mit Vollgas zurück in eine von Ideologie geprägte Welt. Ich möchte als Unternehmer und Mensch mit gutem Gewissen  eine für uns alle gesunde Zukunft gestalten – und das geht nur mit Freiheit und Vertrauen.

Detlef Lohmann

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